Ein Versprechen eingelöst - Ungewöhnliches bei einer Abiturfeier

1987 - die meisten werden sich noch an un­sere eigene Abiturfeier erinnern, als Herr Ollig zum dritten Mal von der Bühne fragte, ob denn nun auch die Gläser bereit­gestellt seien und jedermann sich wunderte, was es wohl mit den Gläsern auf sich habe.

Kurze Zeit später trat damals eine junge Dame auf die Bühne und “outete” sich als Klaus‘ Schwester. Auch zu diesem Zeitpunkt hatten wir – jedenfalls die meisten von uns – keine Ahnung, was dort auf der Bühne vor sich gehen würde.

Sie erklärte uns damals, daß in dem Jahr, in dem Klaus und wir (nun gut, die meisten unter uns) eingeschult wurden, bei der Ab­iturfeier einige Flaschen Wein übrig geblie­ben sind. Dieser Wein hat in den folgenden neun Jahren im Keller des Olligschen Hau­ses geschlummert, um uns  schließlich bei unserer Abiturfeier übergeben zu werden.

Eine schöne Idee, wir alle gaben uns im Anschluß an die Vergabe der Zeugnisse daran, diese Flaschen zu leeren. Niemand muß wahrscheinlich an dieses süße Getränk erinnert werden, einige werden heute noch ein dumpfes Pochen bemerken, wenn sie daran denken.

Nun, wir haben damals verspro­chen aus dieser einmaligen Aktion vielleicht eine Tradition zu machen, also folgerichtig den Abiturienten 1996 eine trinkbare Freude zu be­reiten.

Endrik und Bernd haben sich dann am Vor­abend der Feier (wie immer rechtzeitig) kurz zusammengesetzt (auf ungefähr einige Kölsch in einer Eitorfer Kneipe) und eine kleine Rede – dem Anlaß gemäß – aufge­setzt. Im vorhinein wurden 20 Flaschen MUMM gekauft und mit einem neuen Eti­kett in Form einer mutierten Titelseite un­seres Jahrbuches bestückt. Die Vorberei­tungen waren abge­schlossen und der Tag der Feier konnte kommen.

Also zogen wir zwei los. Angezogen wie zu unserer eigenen Abiturfeier, fielen wir mit Sakko, Weste und Krawatte in die Aula ein und auch gleich aus dem Rahmen – heute hat sich die Kleiderordnung gewaltig geän­dert. Wir belustigten uns also zuerst einmal von hinten, alsbald gemeinsam mit Frau Henkel, die uns darüber aufklärte, daß sol­che Klamotten zum Abi jetzt usus seien, über Frack und Rock unserer Nachfolger am AK.

Von Turnschuhen, T-Shirts und löchrigen Jeans bis zu leicht angeschmuddelten Sweat-Shirts war alles vertreten. Jogging-Anzüge konnten wir zu unserem Leidwesen keine ausmachen, aber wir sind sicher, in den nächsten Jahren wird auch der Trai­ningsdress salonfähig.

Ein Programm, mit kleinen Auftritten der Lehrer unter der Leitung von Herrn Dreck­mann, fand in der wie üblich, äh, interessant dekorierten Aula statt. Die Lehrer ließen sich zu allerlei Liedvorträgen herab – zum Teil natürlich grausame Lehrerwirklichkeit, aber lieb gemacht

Nach Ende dieses Programmes übernahm Herr Pinhack das Zepter und nach einer kurzen Ansprache begann er die Zeugnisse zu verteilen.

Nun ja, schließlich nahte dann un­ser Auftritt, und nachdem wir durch Herrn Pinhack der überraschten Menge angekündigt worden waren, schritten wir zwei mit 20 Flaschen Sekt in einem großen Korb zur Bühne und hielten – in einem wech­selnden Dialog – unsere kleine Rede:

 “Liebe Noch-Schüler, liebe Eltern , Lehrer und Gäste!

Als wir beide das letzte Mal während der Abiturfeier auf dieser Bühne stan­den, haben wir unserer Abitur­zeugnisse - mit mehr oder weniger Begeisterung  im Empfang genommen.

Wir wissen nicht was Ihr an diesem Tag des Jahres 1987 gemacht habt, aber eines ist sicher. Drei Monate später habt ihr - naja, zumindest die meisten von Euch - zum allerersten Mal Unterricht am AK - “genossen”!

Doch das erklärt noch nicht, warum wir heute auf dieser Bühne stehen! Dieses zu erklären bedarf es eines klei­nen Ausfluges in die tiefste, düsterste Ver­gangenheit des AK

Im Jahre 1978 nahmen einige Dutzend Schüler mit bestandener Reifeprüfung an dieser Stelle Abschied von ei­nem auf­regenden und lehrreichen Schulle­ben.

Am Ende dieser Zeit blieben dann noch einige Flaschen übrig!

Da man auch damals am AK schon jede Menge leeren konnte --- lernen konnte, wußten die Abiturienten, daß der Inhalt dieser Flaschen, durch alkoholische Gärung haltbar gemacht, die Jahre überdauern würde!

Sie übergaben den edlen Rebensaft in die verantwortungsvollen Hände der Schulleitung, um den Knirpsen, die 1978 am AK den Kampf aufnahmen, die noch in weiter Ferne liegende Abitur­feier ein bißchen feuchtfröh­licher zu gestalten.

Wer rechnen kann, findet leicht heraus, daß es unser Jahrgang war, dessen Abschied vom AK auf diese Weise ein we­nig versüßt wurde!

 Süß war der Wein nach den Jahren wirklich und im Rahmen des anschlie­ßenden Umtrunkes – vielleicht auch schon leicht betäubt – rang man uns das Versprechen ab, diese Tradition fortzu­setzen!

Nun wollten wir Euch nicht mit einem ähnlich betäubenden und kopfschmerzerzeugenden Stoff in die harte Reali­tät des Lebens entlassen. Wir sind zu diesem Zweck nochmals in die Wein­berge unserer Schulzeit gestiegen und haben die be­sten, fruchtigsten und edelsten Trauben gelesen, gekeltert und diesen Jahrgangsstufensekt abgefüllt.

Diesen leckeren Tropfen möchten wir Euch nun überreichen, mit der Hoff­nung verbunden, daß sich diese Tra­di­tion durch Euch in neun Jahren fort­setzt!

Für Eure Zukunft wünschen wir, die 13.Jgst 1987, viel Glück und Erfolg.”

Von Eltern, Lehrern und sonstigen Gästen wurde unsere kleine An­sprache mit Applaus bedacht und man freute sich offensichtlich über eine gelungene Idee. Allein, wenn Ihr glaubt, daß sich diese Tradition nun fortsetzen wird, müssen wir Euch, so glauben wir, enttäuschen, denn Ratlosigkeit überfiel die Be­glückwünschten selbst.

Wir beide standen nun dort - ein Korb mit Sekt in der Hand und niemand fühlte sich zuständig. Nach länge­rem  Zögern erbarm­ten sich doch noch zwei Abiturienten, nah­men uns den Korb ab und bedankten sich höflich – aber irgendwie machten sie nicht gerade einen begeisterten Eindruck .

Da uns auch im Anschluß an die Feier dann niemand der Reifeprüflinge (oder deren Stufenleiter) noch irgendwie dankte oder zumindest mal etwas von unserem Sekt an­bat, sind wir dann wieder gefahren, nach­dem wir ein paar Schwätzchen mit den “älteren” Lehrern natürlich nicht auslassen konnten.

Wir waren ein wenig traurig, daß die Ver­bindung Ehemalige – aktuelles Schulleben mal wieder nicht herzustellen war, aber es hat sich trotzdem gelohnt, unser Verspre­chen einzulösen.

Endrik Dallmann & Bernd Schumacher